Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist der deutsche Inlandsgeheimdienst und spielt eine wichtige Rolle im Schutz der inneren Sicherheit. Das etwas bekanntere Pendant, der Bundesnachrichtendienst (BND) hingegen der deutsche Auslandsnachrichtendienst. Bei dem Namen Verfassungsschutz liegt es nahe, dass eine solche Behörde auch verfassungsfeindliche Parteien überwacht. Das bringt aber deutlich mehr Problematik mit sich, als man auf den ersten Blick denken mag.
Der deutsche Inlandsgeheimdienst erledigt wichtige und gute Arbeit in den Bereichen Spionageabwehr, Sabotageabwehr, Cyberabwehr, Terrorismusbekämpfung, Bekämpfung von Organisierter Kriminalität, Informationsbeschaffung und Analyse, Verhinderung von Unterwanderung des deutschen politischen Systems von Ausländischen Staaten, Extremismusbekämpfung und Schutz vor psychologischer Kriegsführung. Beim Verfassungsschutz geht es also in erster Linie darum die Bürger vor Bedrohungen verschiedener Art aus dem Inland zu schützen und zu verhindern, dass es eine Überwindung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gibt.
Der Verfassungsschutz sollte also nicht den Staat und die Regierungsparteien sowie -Politiker vor Diffamierung und sogenannter Delegitimierung schützen und auch keine dem System unliebsamen Parteien und Politiker beobachten, solange diese nicht einer extremistischen Gruppierung angehören, die in den vorherig aufgeführten Bereichen eingeordnet wird. Es sollte nicht die Aufgabe vom Verfassungsschutz sein in den demokratischen Diskurs auf diese Weise eingreifen zu können.
Weisungsbefugnis der Regierung
Der Verfassungsschutz ist organisatorisch dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) unterstellt und gehört damit, genau wie die Bundesregierung der Exekutive an. Daraus ergibt sich, dass die Regierung eine gewisse Weisungsbefugnis über die Behörde ausüben kann. Als dem BMI unterstellte Behörde unterliegt der Verfassungsschutz nämlich der Weisungsbefugnis des Innenministeriums bzw. der entsprechenden Ministerin (Nancy Faeser, SPD). Da die Regierung und somit die Minister in der Regel parteipolitisch gebunden sind, könnte dies in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Misstrauen gegenüber der Unabhängigkeit der Behörde führen. Die Tatsache, dass der regierungsgebundene Verfassungsschutz auch politische Parteien überwacht, die potenziell verfassungsfeindlich sind, birgt das Risiko eines Interessenkonflikts mit sich. Die Überwachung von Parteien könnte als politisches Instrument zur Unterdrückung von Oppositionsparteien missbraucht werden. Auch wenn das nicht passiert, ist dass diese Möglichkeit überhaupt besteht, nicht tragbar und dies darf nicht der Fall sein.
Parteimitgliedschaften im Verfassungsschutz
Zudem ist der Verfassungsschutz selbst von Leuten mit Parteibüchern durchsetzt. Wenn leitende Beamte des Verfassungsschutzes Parteimitglieder sind, wie es zum Beispiel auch im Fall des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz der Fall ist (Thomas Haldenwang, CDU), kann der Eindruck entstehen, dass ihre Arbeit parteipolitisch beeinflusst wird, auch wenn dies nicht unbedingt der Fall sein muss. Solche Verstrickungen können das Vertrauen in die Neutralität und Unabhängigkeit der Institution untergraben.
Wenn Parteimitglieder oder sogar Politiker die Aufgabe haben, andere Parteien und Politiker zu beobachten und zu überwachen, ist das mehr als problematisch. Denn natürlich hat jeder seine eigene Meinung und ist somit subjektiv, doch Parteimitglieder stehen genug hinter der Partei, bei welcher sie Mitglied sind und dem entsprechenden Parteiprogramm, sodass sie sich in der Partei aktiv als Mitglied engagieren und mitwirken. Man sieht an oft abweichenden Wahlergebnissen, dass Wähler ihre Meinung im Bezug auf Parteien häufiger ändern, als Parteimitglieder ihre Mitgliedschaft beenden oder wechseln. Schlichte Wähler sind einfach logischerweise deutlich ungebundener und flexibler, als Parteimitglieder oder sogar aktive Parteipolitiker, was beispielsweise den Konkurrenzkampf betrifft.
Ein Lösungsansatz
Wir behaupten nicht, für diese Bedenken bezüglich einer gewissen Weisungsbefugnis und der potenziellen politischen Einflussnahme auf den Verfassungsschutz die ultimativ richtige Antwort parat zu haben. Wir möchten in diesem Fall lediglich einen möglichen Lösungsansatz vorstellen, bei welchem der Verfassungsschutz als Behörde so erhalten bleibt und seine Aufgaben die klassischen vorherig aufgeführten Bereiche eines Inlandnachrichtendienstes bleiben, die Überwachung von Parteien jedoch durch eine andere Stelle vorgenommen wird, was mehr Neutralität und Transparenz gewährleisten könnte. Damit möchten wir ebenfalls dazu anregen, durchaus berechtigte Bedenken in der öffentlichen Debatte über die Neutralität und Unabhängigkeit solcher Institutionen regelmäßiger zu thematisieren, wodurch andere Lösungsansätze geschaffen werden können.
Die Ermittlungen gegen Parteien sollten Aufgabe der klassischen Strafverfolgungsbehörden sein
Wenn Parteien oder Politiker strafrechtlich relevanten oder verfassungsfeindlichen Aktivitäten nachgehen, sollte die Ermittlung und Überwachung dieser bei klassischen Strafverfolgungsbehörden, wie beispielsweise dem Bundeskriminalamt (BKA) liegen, während eine unabhängige gerichtliche Instanz diese Ermittlungen stärker überwacht. Diese gerichtliche Kontrolle könnte sicherstellen, dass die Überwachung politischer Parteien objektiv und im Rahmen der Verfassung erfolgt, ohne politischen Einfluss durch die Regierung. Zwar ist das BKA ebenfalls eine dem BMI unterstellte Behörde und somit Teil der Exekutive, jedoch unterliegt das BKA bei strafrechtlichen Ermittlungen einer strengen gerichtlichen Kontrolle, insbesondere bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen wie Überwachungen oder Durchsuchungen. Wenn das BKA für die Überwachung von verfassungsfeindlichen Parteien zuständig wäre, würde dies bedeuten, dass jede Maßnahme unter der Aufsicht eines unabhängigen Gerichts stünde, was mehr Transparenz und Rechtsstaatlichkeit garantieren könnte als beim Verfassungsschutz, dessen Handlungen meist weniger öffentlich und gerichtskontrolliert erfolgen.
Zusätzlich gilt es zu verstehen, dass der Verfassungsschutz, obwohl er als umgangssprachlich und inoffiziell als Inlandsgeheimdienst bezeichnet wird eigentlich ja “nur” ein Nachrichtendienst ist. Das heißt auch, dass er keine exekutiven Befugnisse besitzt. Er konzentriert sich also auf die Sammlung und Auswertung von Informationen, kann aber keine Festnahmen vornehmen oder direkt in laufende Verfahren eingreifen. Stattdessen gibt er seine Erkenntnisse an die zuständigen Stellen, wie zum Beispiel die Strafverfolgungsbehörden (Polizei) oder auch die Staatsanwaltschaft weiter. Warum also den Weg von der weitergabe der Informationen an die Behörden nicht mit einer Verlagerung der Emittlungen direkt zu den Behörden verkürzen?
Eine BKA-Abteilung?
Hingegen einfach nur den Verfassungsschutz transparenter zu machen, würde dazu führen, dass seine Ermittlungen im Bereich der Spionageabwehr durch Transparenzrichtlinien behindert würden. Stattdessen könnte im BKA eine eigene Einheit, welche speziell für die Überwachung von Parteien und Politikern geschaffen ist, errichtet werden, bei welcher keine Parteimitglieder und Politiker aktiv arbeiten dürften.
Ein weiterer Ansatz wäre die Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtskommission für die Überwachung von Parteien durch das BKA. Diese Kommission könnte sich aus Richtern, Verfassungsrechtsexperten und unabhängigen Vertretern der Zivilgesellschaft zusammensetzen und müsste politisch neutral sein. Ihre Aufgabe wäre es, sicherzustellen, dass der Verfassungsschutz unparteiisch handelt und dass politische Einflussnahme verhindert wird.
Die Überwachung extrem verfassungsfeindlicher Parteien ist zweifellos notwendig, sollte jedoch nicht beim Verfassungsschutz liegen, da dessen Nähe zur Regierung das Risiko birgt, politisch instrumentalisiert zu werden. Eine Verlagerung dieser Aufgabe an das BKA unter strenger gerichtlicher Kontrolle könnte mehr Transparenz und Unabhängigkeit gewährleisten und das Vertrauen in die politische Neutralität der Überwachung stärken.
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